**** Fast zwei Jahre Zeit hatten sich die Stones für ihr neues Album Black And Blue gelassen. Zwischendurch, Mitte 1975, hatte ihre alte Plattenfirma das Album Metamorphosis veröffentlicht, das bisher unveröffentlichtes Material bzw. Outtakes und Alternativversionen der Jahre 1964-1970 veröffentlichte. Zwei Singleauskopplungen daraus, Out Of Time und I Dont Know Why, bescherten den Stones im Sommer 1975 zwei kleine Singlehits in den USA. Die Stones nahmen zwischen dem 12. Dezember 1974 und dem 2. April 1975 in Musicland Studios in München ihr neues Album Black And Blue auf. Musikalisch brachten sie nichts neues, halt ihr altbewährtes Erfolgsrezept aus Rock, Blues und Rhythm & Blues. Einzige Neuerung war, daß mittlerweile statt Mick Taylor der von The Faces gekommene Ron Wood Gitarre spielte. Mit dem verhaltenen Fool To Cry warf das neue Album einen internationalen, wenn auch mäßig erfolgreichen Hit ab. Diese friedliche Ballade ist zwar nett anzuhören, gehört aber mit Sicherheit zu ihren schwächsten Hit der 70er Jahre. Von ganz anderem Kaliber ist der Opener von Black And Blue, daß über 5 Minuten lange Hot Stuff. In diesem funkorientierten Stück haben sie all ihre Kräfte gebündelt und ein wirklich tolles Stück voller Saft und Kraft gezaubert. So mancher schwarzen Funkband jener Zeit zeigen sie eindrucksvoll, wie man solche Musik spielt. Leider war Hot Stuff nur die B-Seite von Fool To Cry, hätte es als A-Seite wesentlich bessere Hitchancen gehabt. Hand To Fate ist ein sehr solider Rocker in bewährter Stones Tradition, an dem es so gut wie nichts auszusetzen gibt. In Cherry Oh Baby wagen sich die Stones an Reggae, wobei sie sich aber etwas verzettelt haben. Nicht, das Cherry Oh Baby schlecht wäre, man merkt aber, das dieses Terrain für die Stones Neuland war und das man diese Musik nicht so einfach aus dem Handgelenk spielen kann. Rock amerikanischen Zuschnitts bieten die Stones mit dem über 7 Minuten langen Memory Hotel. Dieses Stück ist zwar duchwegs exzellent, ist aber aufgrund seiner Länge etwas zu langatmig geraten. Von einem ganz anderen Kaliber ist Hey Negrita, ein unglaublich kraftvoller Rocker mit Rhythm And Blues- und Funkeinflüssen, neben Hot Stuff das beste Stück dieser LP. Neben einer fetzigen Melodie bieten Jagger & Co. einen hörenswerten Text. Ebenfalls klasse ist Melody, in dem die Stones genau das spielen, was sie am besten können, und zwar einen weißen Blues voller Saft und Kraft. Durch Billy Prestons Pianospiel verwandelt sich Melody in einen richtig schön dreckigen Barblues. Das schon erwähnte, als Singleauskopplung recht erfolgreiche Fool To Cry, ist nett anzuhören, aber irgendwie belanglos. Die Stones hatten in der Vergangenheit schon einige Balladen aufgenommen, nur mit dem Unterschied, das diese im Gegensatz zu "Fool To Cry nachhaltig in Erinnerung bleiben (man denke nur einmal an Lady Jane, Wild Horses und Angie). In Crazy Mama bieten die Stones einmal mehr Bluesrock, allerdings bleibt von diesem Stück wenig hängen. Im Großen und Ganzen ist den Stones mit Black And Blues ein durchaus gutes Album gelungen, auch wenn es nicht gerade zu ihren besten Werken gehört. Die wirklich guten Stücke Hot Stuff, Hey Negrita und Melody täuschen ein wenig darüber hinweg, daß es mit den Stones langsam aber sicher bergab ging. Wenn man das Album allerdings einmal mit ihren Werken ab Mitte der 80er Jahre vergleicht, so ist es schon wieder grandios. Allerdings muß man Black And Blue an Werken wie Their Satanic Majesties Request, Beggars Banquet, Let It Bleed, Sticky Fingers und Exile On Mainstreet den wohl besten Werken der Stones- messen, denn mit diesen Alben haben sie für sich selber einen Maßstab geschaffen, denn spätestens ab 1976 nicht mehr erreichen konnte. |